Online Recruiting für Architekten – ein Marketing Erfahrungsbericht
Der Stellenmarkt spiegelt die aktuelle Situation vieler Architekturbüros wieder: da die Arbeitsbelastung in vielen Architekturbüros aufgrund der guten Auftragslage deutlich steigt, werden Anzeigen im großen Stil geschaltet, um motivierte, gut qualifizierte Bewerber zu finden. Je nach Bekanntheit, Bürogröße, regionaler Lage oder Spezialisierung scheint es dennoch schwierig bis beinahe aussichtlos, passende Unterstützung durch neue Mitarbeiter zu finden. Dieser Aufgabe haben wir uns gestellt und überlegt, wie wir dennoch angemessen zu Bewerbungen und damit auch Stellenbesetzung verhelfen können.
Angemessen bedeutet hier: größtmöglicher Effekt bei geringstmöglichen Kosten.
In diesem Artikel stellen wir vor, wie wir erfolgreich mithilfe von Online-Marketing-Maßnahmen vorgegangen sind, um qualifizierte Bewerber für unbesetzte Stellen zu finden. Dazu geben wir Einblick in unsere Grundannahmen und Vorgehensweisen, stellen Tipps speziell für kleinere und mittlere Büros, Ergebnisse sowie die Erfolgsfaktoren vor.
Unser Fall: Architekturbüro mit gutem Ruf im ländlichen Raum, kleinerer Betrieb, sehr hohe Auslastung, steigende Auftragslage.
1.Bundesweite Suche als Ausgangspunkt
1.1. Erreichen eines größtmöglichen Interessentenkreis
Diese Überlegung basiert auf dem einfachen Grund, dass auf diese Weise sehr viel mehr potentielle Interessenten erreicht werden können, anstatt durch eine rein lokalen Ausrichtung (womöglich
mit Printanzeige in der Regionalzeitung).
1.2. Verbreitung der Gesuche durch Weiterleitungen in den sozialen Netzwerken
Mit einem größeren Kreis an Lesern steigt die Wahrscheinlichkeit der Weiterleitung der Anzeigen innerhalb eines Interessentenkreises oder innerhalb Sozialer Medien.
2. Stellenanzeigen mit Schwerpunktthema Motivation konzipieren und von Standardschemata mit unpersönlich formulierten Maximalforderungen
absehen
2.1. Auffallen durch motivierende Ansprache
Hier sprechen wir die Interessen und Vorstellungen der Zielgruppe an: um auffallen zu können, sollten die Anzeigentexte nicht 1:1 der üblichen Darstellungsform entsprechen. Gerade in kleinen
Büros kann es zudem wichtig sein, im jeweiligen Stärkenbereich besonders motivierte Mitarbeiter zu haben, die selbständig Aufgabenbereiche betreuen können und wollen, um so die gewünschte
Entlastung zu bringen. Studieren Sie dafür Anzeigen anderer Büros, um besser zu erkennen, was auf Bewerber wirklich interessant wirken könnte und wie Sie sich sehen.
2.2. Welches sind motivierende Themen? Perspektive, Teams, Arbeitsumfeld
Motivierende Themen können besondere Entwicklungsperspektiven innerhalb bestimmter Leistungsphasen oder auch Funktionen sowie Führungspositionen im Unternehmen sein, aber auch Elemente wie
Jobsharing für Paare, eine offene Teamwork-Kultur mit persönlicher Note & angenehmes Arbeitsumfeld, Provisionen usw.
2.3. Bewerber als Kunden sehen
Diese Überlegungen sind vor allem für jüngere Zielgruppen wichtig. Die sich etablierende jüngere Generation kommuniziert gerne und fordert eher offene, direkte Herangehensweisen und
Perspektiven. Dieser Trend intensiviert sich zunehmend durch die fortschreitende Digitalisierung in vielen privaten- und Wirtschaftsbereichen. D. h. sehen Sie potentielle Bewerber als Kunden
und überlegen Sie, wie Sie diese gewinnen und halten könnten. Das gelingt am besten, wenn man sich den Blickwinkel seiner Zielgruppe in Bezug auf das eigene Vorhaben aneignet.
Bsp. für Online Präsentation
3. Mitteleinsatz für das Recruiting: Online Marketing für kleine und mittlere Unternehmen (Anzeigen im Web, Online Außenwirkung: Homepage und Social
Media Präsenz)
3.1. Anzeigen im Web: Architekturportal & Architektenkammern versus allgemeine Stellenbörsen und Google AdWords
Da wir im kleinstädtischen Rahmen und im kleineren Umfang Mitarbeiter suchten, war es sinnvoll, auf Printanzeigen und Teilnahme an Jobevents zu verzichten. Die zu erwartende Reichweite im
Vergleich zu online Möglichkeiten erschien neben den Kostengründen nicht zielführend. Dafür setzen wir ein: Anzeigenschaltung bei www.baunetz.de (aufgrund der Reichweite) und soweit
möglich und sinnvoll bei mehreren Architektenkammern (nicht alle akzeptieren Anzeigen aus anderen Bundesländern). Von Google AdWords sahen wir ab, weil es galt wenige Stellen zu besetzen, d.
h. somit blieben wir bei der Wahl der Mittel im angemessenen Rahmen. Die Anzeigen stellten wir mit leicht abgewandelten Überschriften in einem Zeitraum von insgesamt 4 Wochen ein, um so die
Wirkung zu testen und über einen längeren Zeitraum mit unserem Vorhaben online präsent zu sein. Nach Prüfung der Preismodelle der großen Stellenanbieter war die Entscheidung schnell
getroffen, hierauf erst einmal keinen Fokus zu setzen.
3.2. Social Media: Aktivieren von Berufsnetzwerken und das private Umfeld
Parallel dazu haben wir xing.de als das Berufsnetzwerk für Social Media Aktivitäten eingesetzt, da es durch die Architektengruppe mit über 20.000 Mitgliedern eine interessante Reichweite zu
besitzen scheint. Beim genaueren Hinsehen entdeckt man schnell, dass nicht mehr als 30% der Gruppenmitglieder Architekten sind oder aus verwandten Berufen stammen - den großen Rest machen
diejenigen aus, die Architekten als Zielgruppe haben. Insofern sollte man genau überlegen, welche Botschaften wen an dieser Stelle überhaupt erreichen können. Dennoch ist es eine ideale
Plattform, in der man sich gut selbst präsentieren und auch entdeckt werden kann (Stellenbörse, Marktplatz, persönliche Profile usw.). Auch konnten wir einige Arbeitssuchende darüber direkt
identifizieren und diese gezielt auf unser Angebot aufmerksam machen. Facebook und andere kommerzielle private Netzwerke ließen wir außer Acht, weil diese in Fällen von Business-to-Business
wenig interessant sind und hohen Pflegeaufwand mit sich bringen. Unser Tipp: hören Sie sich auch in Ihren direkten eigenen privaten und beruflichen Kontakten um. Gerade vertraute, persönliche
Kontakte bringen viele interessante Aspekte und führen oft zu erfolgreichen Stellenbesetzungen. Und Facebook? Das kann interessant sein, wenn Sie das nicht als einzigen Online-Auftritt
pflegen, sondern als Ergänzung für private Kunden, wie Bauherren sehen.
3.3. Anzeigen und Zusammenspiel von aktuellen und gut präsentierten Unternehmensinformationen
Die Wirkung einer Anzeige kann verpuffen, wenn am Schluss ein telefonischer Kontakt ohne Zugang zu Unternehmensinformationen genannt wird oder eine veraltete, visitenkartenähnliche Website
mit weiterführenden Informationen wartet. Das gilt besonders, wenn es auf dem Stellenmarkt viele Angebote und wenige passende Bewerber gibt. Viel einfacher ist es, wenn sich Interessenten
möglichst schnell und einfach ein aktuelles Bild der Schwerpunkte und Kultur eines Unternehmens machen können. Als Kernstück und auch Plattform für Stellenanzeigen haben wir
dementsprechend im Vorfeld konsequent an der Außenwirkung gearbeitet.
3.4. Webauftritt für kleine und mittlere Unternehmen: aktuell, modern, flexibel anpassbar & kostengünstig
Wir haben einen modernen, nutzerfreundlichen Webauftritt kostensparend erstellt und gestaltet, der alle relevanten Bausteine unserer Anforderungen integriert. Z. B. eine sehr gute
Präsentation von Architekturfotografien, & passende einleitende Texte zur Portfoliodarstellung, einen Bereich für Stellenanzeigen & verschiedene Kontaktmöglichkeiten & News,
Seiten zur Vorstellung von Team und Büro als auch der Region. Nicht nur für jüngere Interessenten ist es inzwischen „State of the Art“ aussagekräftige und interessante Inhalte online zu
finden. Wichtig war, unserem Kunden eine bezahlbare, dauerhaft hochwertige technische Lösung mit sehr geringen Folgekosten anzubieten, die einfach wie flexibel anpassbar bleibt (z. B. um
Bilder für neue Projekte etc.).
4. Auswertung der Ergebnisse
4.1. Am häufigsten besuchte Seiten – Baunetz & regionale Kammer vorne
Das interessanteste Ergebnis, das Google Analytics bei dieser Fragestellung im Anzeigenzeitraum von 4 Wochen ausgab, war zu sehen, dass die Anzeige bei www.baunetz.de am häufigsten geklickt
wurde und die meisten Bewerbungen brachte. Direkt danach folgten die Online-Anzeige bei der lokalen Architektenkammer (in unserem Fall Baden-Württemberg) und der direkte Zugriff über Google,
da wir die Seite entsprechend SEO-optimiert hatten. Auf Xing wurde das Stellenangebot häufig geöffnet und brachte auf den ersten Blick erstaunlicherweise nur sehr wenige Besucher auf die
Stellenseite des Architekturbüros. Sicher gibt es mehrere Ursachen, warum gerade dieses Netzwerk in unserem Fall nicht bessere Ergebnisse bringen konnte, dennoch halten wir es für richtig, es
zu nutzen, da es nur sehr geringe Kosten verursacht, viele interessante Themen bringt und sehr gerne als persönliche Visitenkarte genutzt und beachtet wird.
4.2. Mobilfähigkeit von Webseiten hoch gelobt – bei Architekten kein Thema?
Erstaunlicherweise sahen sich 85% aller Besucher die Stellenanzeige der Firmenhomepage auf dem PC an, nur 9% griffen mit ihrem Smartphone darauf zu und 6% nutzen ein Tablet dafür. Ob das nun
bedeutet, dass eher Konkurrenten oder Interessenten die Anzeige lasen, sei dahingestellt: vor allem die klassische Ansicht der Website sollte gut wirken, eine mobile Ansicht für Smartphones
ist aber ebenfalls relevant, was sich besten das durch ein „responsive Design“ realisieren lässt. Angesehen wurde die Anzeige vor allem unter der Woche und kaum am Wochenende, weshalb wir
vermuten, dass dies am Arbeitsplatz geschah.
4.3. Conversion Rate – wie wird der Effekt der Anzeige bewertet
Hierbei geht es um Kosten und Effekte: man setzt das Nutzungsverhalten im Web in Bezug zu den tatsächlich eingegangenen Bewerbungen. In unserem Fall wurde eine Conversion Rate von 3%
erreicht, wenn wir nur die Analysedaten der Firmenhomepage zugrunde legen. D.h. von ca. 100 Lesern der Anzeige sendeten 3 eine Bewerbung. Wir hatten die meisten Anzeigen bei den Kammern
möglichst knapp formuliert und auf die ausführliche Version auf der Firmenhomepage unseres Kunden verwiesen. Auf diese Weise konnten wir die Nutzung besser messen. Hierbei zeigt sich
wiederrum der Nutzen des Online Marketings – um eine passable Menge an Interessenten zu generieren braucht man eine größere Reichweite. Eine Printanzeige schafft das in unserem Fall schon
lange nicht mehr.
5. Fazit
5.1. Anzeigen: Bundesweit auf sich aufmerksam machen
Für kleine und mittlere Architekturbüros genügt es, sich im ersten Schritt in punkto Stellenanzeigen auf die Architektenkammern online und aktuell auch Baunetz.de oder vergleichbare
Online-Publikationen zu konzentrieren. Die Anzeigenschaltung bei größeren Stellenmärkten kann schnell höhere Kosten verursachen ohne gezielt genug ausgespielt werden zu können.
5.2. Transparenz: Wahrnehmung funktioniert nur so
Eine moderne, aktuelle Außenwirkung mit eigener Unternehmensseite ist aufgrund der Selbstpräsentation und Information potentieller Interessenten (Bewerber und Bauherren) wesentlich. Ohne das
ist eine Firma praktisch jenseits persönlicher Bekanntschaft und „Gelber Seiten“ unsichtbar. Veraltete Websites von Firmen mit anspruchsvollen Dienstleistungen sind abgesehen von der
Adressangabe und Telefonnummer wenig nützlich und hinterlassen einen entsprechenden Eindruck, selbst wenn die Wirklichkeit der Tätigkeit und des Erfolgs des Architekturbüros anders
aussieht.
5.3. Netzwerke: Berufliche und private Netzwerke pflegen
Eine Präsenz des Firmeninhabers im Fall von Architekten auf einem Berufsnetzwerk, in dem die Zielgruppe erreicht werden kann, unterstreicht die persönliche Note, die relevant für viele
Interessenten ist. Zudem schafft sie eine zusätzliche, einfache Kontaktmöglichkeit, was bei der Gewinnung von Bewerbern oder auch Bauherren wichtig ist.
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